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19.12.2018 - Peer Leithold (E-Mail schreiben an Peer Leithold)

Ertragspotentialkarten zum Zweiten - Warum sie auch agronomisch keinen Sinn machen

Ertragspotentialkarten zum Zweiten - Warum sie auch agronomisch keinen Sinn machen

Im letzten Blog-Beitrag zum Thema Ertragskarten habe ich herausgearbeitet, dass zukünftige Erträge nicht planbar sind und dass es vielmehr darauf ankommt, den Bedarf eines Betriebsmittels richtig zu messen. Ertragspotentialkarten und Ertragsziele werden meist genutzt, um die optimale Stickstoffdüngung zu bemessen. Mit diesem Ansatz ist man allerdings, wie ich gleich erklären werde, auf dem Holzweg. Versucht wird den benötigten N-Dünger auszurechnen, indem man Pflanzenwachstum, N-Verbrauch und zugeführte N-Dünger wie in einer statischen Black Box bilanziert. So einfach ist allerdings die Natur nicht.

Der (Nicht-) Zusammenhang zwischen dem optimalen Ertrag und optimaler N-Düngung

 

Die Höhe der optimalen N-Düngung definiert sich an dem Punkt, wo die Kosten des letzten Kilogramms Stickstoff noch durch den Ertragszuwachs finanziell gedeckt ist. Wenn man sich dieser Fragestellung wissenschaftlich korrekt nähern will, so werden dazu üblicherweise N-Steigerungsversuche auf Parzellenversuchen durchgeführt. Das Ergebnis zeigt folgendes Beispiel einer 20-jährigen Versuchsserie aus Sachsen, stellvertretend für viele ähnliche Versuche in Deutschland bzw. weltweit. Angebaut wurde auf demselben Feld immer die Kultur Winterweizen.  In 13 von 20 Jahren liegen die Düngungsoptima zwischen 25 und 100 kg N/ha über bzw. unter dem Mittelwert. Wenn man diese Abweichung einmal vorsichtig anhand einer mittleren Produktionsfunktion für Stickstoff finanziell schätzt, dann ergibt sich ein Ertrags- bzw. Stickstoffvorteil für die differenzierte N-Düngung von rund 80 €/ha und Jahr. Das ist eine Größenordnung bei der man sich Gedanken machen sollte. Nicht hinzugerechnet sind außerdem die positiven Effekte bezüglich Lagervermeidung, Qualitätsverbesserung, Mähdrusch sowie Krankheitsrisiko.

In der folgenden Grafik werden die Tabellenspalten „optimaler N-Aufwand“ und „optimaler Ertrag“ dargestellt. Es wird klar ersichtlich, dass man anhand von optimalen Erträgen, die sich allerdings nicht planen lassen (siehe letzter Beitrag im Blog) Ich wiederhole dies gerne noch einmal etwas genauer: Es lässt sich weder der Zielertrag (im Sinne von optimaler Ertrag) sicher prognostizieren, noch kann man davon direkt auf die optimale N-Düngung schlussfolgern. Hier kommen also gleich zwei Dinge zusammen, die diesen Weg ausschließen. 

 

Für einen optimalen Ertrag von ca. 80 dt/ha sind manchmal 60, 80, 120, 140, 170, 180, 200 oder 220 kg N/ha erforderlich. Es bleibt somit festzuhalten, dass es zwischen dem optimalen Ertrag und der dazu notwendigen N-Düngungsmenge keine feste Beziehung über die Zeit gibt. Nur 14% (R²=0,1438) der Höhe der optimalen N-Düngung werden durch den optimalen Ertrag erklärt. Und das ist jetzt auch der zweite Grund, warum Ertragspotentialkarten bei der Düngung nicht funktionieren. Noch einmal zur Erinnerung:

  1. Anhand historischer Ertragskarten bzw. Ertragspotentialkarten kann der zukünftige Ertrag nicht vorhergesagt werden.
  2. Zwischen dem optimalen Ertrag und der dazugehörigen N-Düngung besteht nur ein geringer Zusammenhang.

 

Warum ist das so?

Der theoretisch erzielbare Ertrag einer Teilfläche und damit der N-Verbrauch der Pflanzen hängt im Wesentlichen von drei grundlegenden Faktoren ab:

  1. vom Wasserangebot,
  2. von der Temperatursumme und
  3. der Globalstrahlung.

Diese drei grundlegenden Faktoren sind ausschließlich wetterbedingt und somit unserer Steuerung entzogen. Damit dieser theoretische erzielbare Ertrag auch wirklich zustande kommt müssen wir die Pflanzen richtig ernähren, gesund halten und Schäden durch Insekten abwehren. Der N-Verbrauch kann zuallererst vom N-Angebot des Bodens gedeckt werden. Neben dem verfügbaren Bodenstickstoff zu Beginn der Vegetationsperiode spielt dabei vor allem die Mineralisation eine entscheidende Rolle. Ackerbaulich genutzte Böden in unseren Breitengraden besitzen zwischen 6.000 und 12.000 kg N/ha in organisch gebundener Form. Davon werden, je nach Witterung und Aktivität der Mikroorganismen zwischen 0,5 und 3% freigesetzt. Das heißt der Boden könnte im Minimum 30 oder im Maximum über 300 kg N/ha für die Pflanzen zur Verfügung stellen. Diese Freisetzungsraten sind unkalkulierbar. Als weiterer Einflussfaktor kommt dann noch die unterschiedliche Ausbildung des Wurzelsystems dazu. Das ist die Fähigkeit der Pflanzen den Stickstoff auch aktiv aufzunehmen. Der N-Verbrauch durch das Pflanzen-Biomassewachstum, die Bereitstellung von bodenbürtigen Stickstoff und das Aneignungsvermögen über das Wurzelsystem führt dazu, dass sich die optimale N-Düngung über Rechenmodelle nicht quantifizieren lässt. Der einfache Ausweg besteht darin, den N-Bedarf direkt in den Pflanzen zu messen. Letztendlich geht es ja darum, die Pflanzen optimal mit Stickstoff zu versorgen. Also ist es nahe liegend, die Pflanzen direkt zu "fragen".

Was muss man die Pflanzen "fragen"? Was muss man messen?

Zunächst müssen wir uns darüber klar werden, ob es einen:

 

  • messbaren,
  • objektiven,
  • hochauflösenden,
  • gut händelbaren und
  • preiswerten Parameter gibt, der eine enge Beziehung zur optimalen N-Düngung aufweist. 

In der Tabelle sind die Ergebnisse verschiedener Möglichkeiten aufgelistet. Das Bestimmtheitsmaß (R²) gibt an, wie eng oder wie gut die Beziehung des Parameters zur Höhe der optimalen N-Düngung ist. Ist das R²=1, dann haben wir es mit einer 100% Korrelation zu tun. Je kleiner der Wert, desto schwächer ist die Beziehung und desto ungeeigneter ist der Parameter.

Was ist die N-Aufnahme eines Pflanzenbestandes?

Die N-Aufnahme ist von allen messbaren Parametern die Messgröße, die mit Abstand am engsten mit der optimalen N-Düngung korreliert. Was ist die N-Aufnahme? Die N-Aufnahme ist die Menge an Stickstoff, die sich in einem Quadratmeter bzw. einem Hektar oberirdischer Pflanzenmasse befindet. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt gibt es nur ein Messwerkzeug welches eine absolute Kalibrierung auf die N-Aufnahme hat und das ist der YARA N-Sensor®. Auch wenn andere Anbieter mit ähnlichen Aussagen werben, so gut zu messen wie der N-Sensor®, so ist es am Ende aber unwahr. Am leichtesten lässt sich das überprüfen, indem man sich vergewissert, ob die Messung eines anderen Verfahrens die „N-Aufnahme in kg N/ha“ im Display anzeigt oder in der Dokumentation ausweist.

Wie kommt man nun von der N-Aufnahme zur optimalen N-Düngung?

 

Die Beziehung zwischen der aktuellen N-Aufnahme und der richtigen Höhe der N-Düngung ist für jede Kultur und EC-Stadium unterschiedlich. Das heißt, man muss für alle Situationen entsprechende mehrjährige Parzellenversuche anlegen und diese Beziehung akribisch herausarbeiten. Ein Beispiel für die 3. N-Gabe in Wintergetreide zeigt folgende Grafik. Diese naturwissenschaftlichen Zusammenhänge sind die Grundlage für die sogenannten Regelfunktionen, welche im YARA N-Sensor® integriert sind. Die Regelfunktion beschreibt um wie viel Kilogramm muss die N-Düngung erhöht oder verringert werden, wenn sich die N-Aufnahme um ein Kilogramm verändert. Diese Algorithmen sind neben der sicheren Messung der N-Aufnahme unabdingbar um eine agronomisch richtige Entscheidung zu treffen. Regelfunktionen liegen heute aktuell für alle Düngungstermine für Winter- und Sommergetreidearten, Raps, Mais, Kartoffel und Zuckerrüben vor. Nur bei korrekter Nutzung der Regelfunktionen kann sichergestellt werden, dass alle Teilflächen die optimale Menge an Stickstoff bekommen. Grundsätzlich gibt es zwei Typen von Regelfunktionen:

  • King John (nimm den Armen und gib den Reichen)
  • Robin Hood (nimm den Reichen und gib den Armen)

Das ein Nutzer selbst die Regelfunktionen festlegen soll, halte ich persönlich für einen Marketing-Gag. Damit soll eher der Mangel an agronomischer Kalibrierung überdeckt werden. In der Praxis habe ich oft erlebt, dass man bei „Eigen-Kreationen“ von Regelfunktionen schnell ins Chaos gerät. Die in der Praxis oft vorzufindende „Zweipunkt-Kalibrierung“ suggeriert, dass der Nutzer alles in der Hand hat. Das ist so nicht ganz falsch, aber die Wahrscheinlichkeit es richtig zu machen, ist verschwindend gering. Ich selbst traue es mir trotz langjähriger Erfahrungen in der Pflanzenernährung nicht zu, zu entscheiden, ob ich mit 0,5 oder 1, 2 oder 3 kg N/ha mehr oder weniger N-Dünger auf die Variabilität von 1 kg N-Aufnahme reagierten soll. Das Ergebnis ist, dass (wie in der Praxis oft erlebt bei solcher Art der Kalibrierung) die optimalen N-Mengen mit 10-40 kg N/ha je Düngungszeitpunkt verfehlt werden. Wählt man aus Unkenntnis die falsche Regelfunktion dann richtet man regelrecht "Schaden" an und es wäre besser, wieder zur konstanten Applikation zurück zu kehren. Hier liegt auch die Ursache begründet, warum in der Öffentlichkeit oft gesagt wird "Naja... die Effekte treten so nicht ein." Nach meiner Erfahrung ist das fast immer nur eine Frage der richtigen agronomischen Regelfunktionen.

Und auf dem Feld?

Wie eingangs erläutert gibt es immense Unterschiede in der Höhe der optimalen N-Düngung von Jahr zu Jahr. Genauso verhält es sich auch innerhalb eines Feldes in einem Jahr. Am sichtbarsten für den Landwirt wird diese anhand der Ertragskarten. Der Ertrag einer Teilfläche schwankt um plus minus 50% um den Mittelwert. Das heißt, wir haben auf einem Feld unendlich viele Aufwands-Ertrags-Reaktionen. Diese geschickt und präzise Auszudüngen ist die Herausforderung. Und genau dort entstehen die positiven Effekte des Verfahrens der Präzisionsdüngung. Auf dem Feld variiert die N-Aufnahme bzw. die notwendige N-Düngung, je nach Situation, in der Größenordnung von durchschnittlich 50-80 kg N/ha. Jede Teilfläche hat ein anderes N-Optimum. Das heißt manche Teilflächen benötigen eine Düngung zwischen 0 und 30, manche Teilflächen eine Düngungshöhe von 60-100 kg N/ha. Bei Raps geht es aufgrund seines hohen Aneignungsvermögens sogar noch darüber hinaus. Messungen der N-Aufnahme auf einheitlich bewirtschafteten Feldern zeigen, dass sich dieser Wert recht kleinräumig verändert. Die Zu- und Abnahmen bauen sich über eine Strecke von 4, 6, 10 und 15 Metern auf und ab. Diese hohe räumliche Auflösung gelingt nur mit bodengestützten Sensoren, die über 100 Messwerte je Hektar realisieren.

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