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06.09.2019 - Peer Leithold (E-Mail schreiben an Peer Leithold)

Teilflächengenau Wachstumsregler einsetzen

In den letzten zwanzig Jahren wurden von staatlichen Behörden und Industrieunternehmen verschiedene Präzisionsversuche zum Einsatz von Wachstumsreglern durchgeführt. Die Forschungsgruppen kamen zu Ergebnissen, die sich zum Teil enorm voneinander unterschieden. Einige Fakten lassen sich jedoch zusammenfassen: 

  • Alle Anwendungen von Wachstumsreglern reduzieren die Wuchshöhen, frühe Anwendungen bis EC 31/32 verkürzen die unteren Internodien, die späten Anwendungen die oberen.
  • Ein hoher Lagerdruck führt zu Lagerbildung in der Null-N 
    • Durch den Einsatz des Wachstumsreglers kann Lager im Umfang meist reduziert werden. Allerdings ist diese Reduktion nicht immer vollständig.
    • Je früher Lager auftritt, desto höher ist der Ertragsverlust, je später, desto geringer. Vor allem bei der Verhinderung des frühen Lagers werden die Kosten des Einsatzes allein über den Ertragsvorteil wieder eingespielt. Dieser um die Wachstumsregler bereinigte Ertragseffekt liegt meistens zwischen 50 und 100 €/ha im Jahr. Zusammen mit der besseren Beerntbarkeit und höheren Qualität des Getreides sind diese Maßnahmen hoch wirtschaftlich.
  • Geringer Lagerdruck führt auch in den Null-Parzellen zu keinem Lager.
    • Die Erträge der behandelten Parzellen sind dann (bis auf wenige Ausnahmen) meist geringer als in der Null-Parzelle.
    • Dieser negative Ertragseffekt, ergänzt um die Kosten des jährlichen Wachstumsreglers, liegt auch in etwa zwischen 50 bis 100 €/ha.

Mit der Entscheidung über den Einsatz eines Wachstumsreglers und dessen korrekte Dosierung entscheidet der Anwender demnach im Durchschnitt über eine jährliche Gewinndifferenz in der Größenordnung von 100 bis 200 €/ha in der Getreideproduktion. Allein dieses Wissen sollte jeden Betriebsleiter motivieren, Methoden und Werkzeuge zu finden, die den sogenannten „Lagerdruck" möglichst präzise einschätzen können. Nur so kann eine situationsgerechte Dosierung des Wachstumsreglers abgeleitet werden.

Welche Faktoren beeinflussen Einsatz und Menge?

Der Einsatz von Wachstumsreglern hängt primär von der sogenannten Lageranfälligkeit ab. Die Lageranfälligkeit wiederum setzt sich aus zwei Komponenten zusammen:

  • Zunächst ist hier der Sorteneinfluss zu nennen. Sorten besitzen eine unterschiedliche Standfestigkeit (siehe Beschreibende Sortenliste).
  • Als Zweites hängt die Lageranfälligkeit von den Wachstumsbedingungen und der Höhe des Stickstoffangebotes ab. Beide Faktoren sind, rückwärts betrachtet, an der Bestandsentwicklung abzulesen. Dies geschieht in der Praxis durch die subjektive Einschätzung der Bestandesdichte, der Intensität der Grünfärbung und allgemein der Wüchsigkeit.

Vorwärts betrachtet kann weder das Gesamt-Stickstoffangebot, resultierend aus der Mineraldüngung und der Stickstoff-Freisetzung des Bodens, hinreichend genau vorhergesagt werden noch die zukünftigen Wetter- und damit Wachstumsbedingungen. Die Wetterbedingungen am Tage der Anwendung bestimmen die Intensität der Wirksamkeit des Wachstumsreglers auf die Verkürzungswirkung der Pflanze. Das heißt, der Wachstumsreglereinsatz und dessen Intensität sind nur auf Grundlage der Einschätzung der Ist-Situation am Tag der Ausbringung möglich, ergänzt um eine Wetterprognose für die nächsten sieben Tage.

Warum teilflächenspezifisch?

Der Sorteneinfluss auf das Lagerrisiko ist mit den bereits genannten Einschränkungen bekannt. Das Wetter, also Strahlungsintensität und Temperatur, sind am Tage der Applikation ebenfalls bekannt. Eine Prognose der zukünftigen Wachstumsbedingungen ist und bleibt eine Prognose mit einer Treffsicherheit von 50 %.

Was sich bei der Entscheidung über die Dosierung des Wachstumsreglers deutlich verbessern lässt, ist die Messung der Bestandesentwicklung und deren Einfluss auf das zu erwartende Lagerrisiko. Gute Landwirte dosieren schon immer höher in biomassereichen, wüchsigen Beständen und reduzieren in schwach entwickelten, schlecht ernährten Beständen. Diese subjektive Einschätzung über den Grad der Bestandesentwicklung lässt sich mit dem N-Sensor® präzise und objektiv messen und somit auch automatisieren.

An einem Beispiel soll dieser Zusammenhang erklärt werden: Das Bild neben Tabelle 1 zeigt eine Fahrspur in einem Winterweizenfeld von ca. 250 m Länge. Diese wurde mit einer Feldspritze abgefahren, welche mit vier N-Sensor®-Köpfen bestückt ist. Dargestellt wird hier die gemessene Stickstoffaufnahme in kg N/ha. Zusätzlich wurden an ausgewählten Stellen Biomasseschnitte durchgeführt. So wird die Heterogenität im Feld mehr als deutlich erkennbar.

Tabelle 1 zeigt für die drei Situationen exemplarisch auf, welche Aufwandmengen in Liter Wirkstoff pro kg Frischmasse, bezogen auf eine einheitliche Applikation in der Realität, ausgeführt werden. Lautet die Herstellerempfehlung bspw., einen Liter eines Wachstumsreglers je Hektar auszubringen, dann werden in den schwächer entwickelten Bereichen des Feldes bis 400 %, bezogen auf Wirkstoff je kg Frischmasse, in den am stärksten entwickelten Teilen nur knapp 70 % ausgebracht. Noch einmal zur Verdeutlichung: es wird vierfach überkonzentriert! Physiologischer Stress, extremste Einkürzungen, Wuchsdepressionen und Ertragsverluste sind das logische Ergebnis.

In der Praxis werden dann meist - und oftmals gar nicht so ungerechtfertigt - die Mengen auf 70 % der Herstellerempfehlung reduziert. Dann verringert sich zwar im Beispiel die Überdosierung von 400 % auf 280 %. Die Kehrseite der Medaille bei konstanter Applikation ist aber auch, dass in den stark entwickelten Beständen dann nur noch knapp 50 % ausgebracht werden. Damit wird erneut potenziellem Lager sperrangelweit die Tür geöffnet.

Dem Dilemma entkommt man nur, wenn man beim Spritzen die Mengen ständig per Hand nachreguliert. Rein statistisch gesehen müsste man in diesem Fall je Hektar etwa 25 Variationen durchführen. Bei 100 ha Getreide wären das bereits 2.500 Variationen. Das menschliche Auge ist nicht in der Lage, diese Bestandesunterschiede fortlaufend und objektiv einzuschätzen. Auch unser Gehirn würde versagen, wenn es die notwendigen Rechenoperationen dauerhaft zuverlässig ausführen sollte. Die Abbildung zeigt, dass sich diese Heterogenität nicht nur auf eine beliebige Fahrgasse reduzieren lässt, sondern die gesamte Betriebsfläche diese Unterschiedlichkeiten aufweist. Mit einem N-Sensor® lässt sich dieser Prozess komplett automatisieren.

Agronomische Regelalgorithmen

Die gemessene absolute N-Aufnahme ist dabei die Basis für die agronomischen Regelfunktionen. Absolute Messwerte und Regelfunktionen verhindern, dass es zu einer Über- oder Untersteuerung der Spritztechnik kommt. Eine Übersteuerung bewirkt eine so hohe Variation, dass durch zu starke Reduzierung der Aufwandmenge auf schwachen Teilflächen keine ausreichende Fungizidwirkung mehr gewährleistet werden kann - die Resistenzgefahr erhöht sich. Bei einer Untersteuerung hingegen wird nicht das volle Potenzial einer Variation genutzt. Nur pflanzenbaulich validierte Regelkurven stellen die optimale Verteilung in der Fläche sicher. Dass dies nicht nur aus pflanzenbaulicher Sicht richtig ist, sondern auch aus einer wirtschaftlichen, wurde in Langzeitversuchen bewiesen.

 

Sensorgesteuerte Ausbringung

Das Verfahren der teilflächenspezifischen und sensorgestützten Ausbringung von Wachstumsreglern ist relativ einfach: Ein Expertenmodul schlägt auf Basis der Sorte, der aktuellen Wetterbedingungen und der Langfristeinschätzung (eher trockener Standort/ausreichend Niederschlag) eine Grunddosierung vor. Diese Grunddosierung orientiert sich an der theoretisch maximal vorkommenden Stickstoffaufnahme einer gegebenen Fruchtart und eines gegebenen EC-Stadiums. Hier wird eine maximale Dosierung empfohlen, damit das größte Lagerrisiko zuverlässig bekämpft wird. Diese kann vom Nutzer bestätigt oder auch korrigiert werden. Danach übernimmt der Sensor während der Überfahrt die ständige Anpassung an die aktuell gemessene Stickstoffaufnahme.

Für jede Kultur, Applikationszeitpunkt und Wirkstoffgruppe sind unterschiedliche, aber absolut kalibrierte Regelfunktionen verfügbar. Diese Regelfunktionen passen die Grunddosierung situationsbedingt an die unterschiedlichen Bestandssituationen an. Bestände mit hoher Stickstoffaufnahme, also biomassereich und hoch mit Stickstoff versorgt, erhalten eine hohe Dosierung. Dabei wird die maximal zulässige Aufwandmenge nicht überschritten. In schwachen Beständen wird dagegen abreguliert. Wird der Wachstumsregler solo appliziert, wird ab einem gewissen Punkt auch die Aufwandmenge auf null herabgesetzt. Bei Tankmischungen allerdings verharrt das System bei einer gewissen Mindestmenge, die aufgrund des Mischungspartners unbedingt ausgebracht werden muss. Auch dies wird vom System vorgeschlagen, kann aber vom Nutzer korrigiert werden.

Versuchsergebnisse aus sechs Jahren

Von 2008 bis 2014 wurde zur sensorgesteuerten Ausbringung von Wachstumsreglern eine Versuchsserie auf 36 Großflächen durchgeführt. Verwendet wurde jeweils die im Betrieb verfügbare Spritzentechnik mit einem N-Sensor®. Anwendung fand das bekannte On-Farm-Research-(OFR-)Versuchsdesign für teilflächenspezifische Fragestellungen von Agricon. Mindestens drei, meist vier oder mehr Langparzellen, bestehend aus zwei Fahrgassen, waren randomisiert angeordnet. Alle anderen agrotechnischen Anbau- maßnahmen wurden einheitlich durchgeführt. Die Wachstumsreglermenge der konstanten Parzellen gab der Betriebsleiter vor.

Die Sensorvarianten wurden, wie oben beschrieben, mit dem N-Sensor®-System bewirtschaftet. Obwohl seitens Agricon der Wunsch bestand, die Stickstoffdüngung konstant auszurichten, wurde in der Mehrzahl der Versuche sensorgestützt Stickstoff gedüngt. Das Feld wurde einheitlich mit Ertragskartierung vollflächig beerntet. Die digitale Zusammenführung und Verknüpfung der Daten erfolgte im GIS. 

Fazit

In allen Versuchen wurde Lager wirksam verhindert (Tab. 2). Im letzten Jahr gab es eine Ausnahme mit geringfügigem, aber nicht ertragswirksamem Lager. Damit wurde das Hauptziel, nämlich die Lagervermeidung, erreicht - trotz 12 % reduzierter Gesamtaufwendungen. Diese lagen bekanntlich auf den schwachen Teilstücken noch deutlich tiefer. Die Erträge stiegen um rund 3 % an. Dies ist umso beachtlicher, da der Stickstoff meistens sensorgestützt ausgebracht wurde. Es lässt sich vermuten, dass der Effekt in nicht sensorgedüngten Feldern noch einmal deutlich größer ausfällt.

In der Bewertung der Ergebnisse der einzelnen Versuche mit den jeweiligen Produktpreisen für den Wachstumsregler und das Getreide ergab sich ein ökonomischer Vorteil von durchschnittlich 45 €/ha. Der ökonomische Haupteffekt begründet sich vordergründig aus den höheren Erträgen. Als zusätzlichen Nebeneffekt nannten die Betriebsleiter die Entlastung der Fahrer und die allgemein bessere Verteilung des Spritzmittels.

 

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