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Sinn und Unsinn der Digitalisierung des Ackerbaus
Derzeit kann in der landwirtschaftlichen Fachöffentlichkeit eine recht intensive Diskussion zum Thema Digitalisierung beobachtet werden. In dieser treffen teils sehr kontroverse Meinungen aufeinander. Auf der einen Seite die Kritiker die behaupten, die Digitalisierung bringe keine wirtschaftlichen Vorteile. Auf der anderen Seite begeisterte Anwender, die verlautbaren lassen, dass die Digitalisierung das Beste war, was ihren Betrieben hätte passieren können.
Zwischen diesen beiden Positionen tummeln sich viele (selbsternannte) „Digitalisierungs-Experten“ aus Wissenschaft, Politik, Medien und der Wirtschaft. Sie mischen mit ihren Meinungen im Diskurs mit, verwirren jedoch oftmals mehr, als dass sie zu Lösungsansätzen in der Debatte beitragen. Das Ergebnis ist ein unübersichtliches Konvolut an sich widersprechenden Meinungsäußerungen in unserer Branche. Dies hat zufolge, dass nur noch mehr Verwirrung rund um die Digitalisierung der Landwirtschaft herrscht.
Es ist daher nun an der Zeit, etwas Ordnung und System in diese Diskussion zu bringen. Bei einem ehrlichen Diskurs über Landwirtschaft 4.0 sollten wir vor allem präzise sein. Fakten, Fakten, Fakten anstelle von „ich habe gehört …“, „ich habe gelesen ...“ oder „ich glaube …“. Zudem müssen wir uns die Mühe machen, nachzufragen. Genau nachzufragen!
Digitale Anwendungsfelder im Betrieb
Unter dem Begriff Digitalisierung subsummieren sich drei große Bereiche im landwirtschaftlichen Betrieb:
- Teilflächenspezifischer Pflanzenbau
- Automatisierung von Maschinen und Geräten (Autopilot, ISOBUS, etc.)
- Dokumentation und Kontrolle (digitale Schlagkartei, Telemetrie etc.)
Soviel vorab, jeder Bereich muss für sich selbst entwickelt und verantwortet werden, ABER, alles ist vernetzt. Nur wenn die drei Bereiche gut ineinander greifen und der Datenfluss geschmeidig funktioniert, macht es Spaß, damit zu arbeiten. Trotzdem ist es notwendig, die Bereiche voneinander zu unterschieden und vor allem genauer zu betrachten.
Was ist der jeweilige „Kern“ der einzelnen Anwendung? Bei der Automatisierung ist es die Arbeitsqualität, Arbeitserleichterung und Präzision. Bei der Dokumentation ist es wohl die Effizienz in der Arbeits- und Büroorganisation, die Erweiterung der Fähigkeit, einen Betrieb gut und sicher zu führen. Im teilflächenspezifischen Pflanzenbau ist es der teilflächenspezifisch angepasste Einsatz von Betriebsmitteln.
Von staatlicher Seite kommt hier zusätzlich die Überwachung stärker ins Spiel. Große Konzerne denken eher an den gläsernen Kunden und neue Wege, den Kunden in der Entscheidungsfindung zu den eigenen Produkten zu führen.
Im Folgenden will ich mich dem teilflächenspezifischen Pflanzenbau widmen und der Frage nachgehen, warum beide Positionen, eine ablehnende und eine zustimmende, gleichzeitig vertreten sind. Warum gibt es Quellen, dass teilfächenspezifischer Pflanzenbau etwas bringt und warum nicht?
Wie weist man den Vorteil des teilflächenspezifischen Pflanzenbaus nach?
Jedes neu erdachte Konzept, jedes neu konzipierte teilfächenspezifische Verfahren im Pflanzenbau muss erprobt und getestet werden. Bringt eine agronomische Regel, die man bisher einheitlich auf das ganze Feld angewendet hat, bei einer Teilflächenregelung Vorteile? Wie findet man heraus, ob sich das neue Verfahren ökonomisch rechnet? Die Antwort ist einfach: man muss Feldversuche machen. Man muss herausarbeiten, wie der Ertrag und der Aufwand des Betriebsmittels sich verändern gegenüber einer flächeneinheitlichen Bewirtschaftung. Dem wird dann noch der Aufwand der Nutzung des Verfahrens gegenübergestellt.
Der Nachweis gelingt im Precision Farming allerdings nur über sogenannte OFR-Versuche. On-Farm-Research Versuche im allgemeinen Sinne sind Versuche direkt auf dem Betrieb. Ein sofort erkennbarer Vorteil ist, dass man unter den Produktionsvoraussetzungen des Betriebes testet. Viel wichtiger ist aber, dass man auf ganzen Feldern testen kann. Und nicht nur kann, sondern muss! Das ganze Feld wird zum Versuch.
OFR- Versuche in der Praxis
Precision Farming lässt sich aufgrund der Fragestellung NICHT mit Parzellenversuchen nachweisen. Klassische Parzellenversuche sind deswegen kleine Parzellen, mehrfach wiederholt und zusammengefasst in sogenannten Blocks, damit alle Störfaktoren möglichst gering gehalten werden. Und genau das geht bei Precision Farming nicht! Denn, Precision Farming ist das richtige pflanzenbauliche Reagieren auf Heterogenität, also auf Störfaktoren. Das, was das Parzellenversuchswesen ausschalten muss, also die „Störfaktoren“, ist beim Precision Farming der Untersuchungsgegenstand. Aus diesem Grund benötigt man für den Nachweis eines Precision Farming Verfahrens ein neuartiges Versuchswesen.
Agricon stellt schon seit dem Jahr 2000 eigene Versuche zur Beurteilung der Vorteilswirkung teilfächenspezifischer Produktionsverfahren an. Hier kam erstmalig dieses neue Versuchsdesign zur Anwendung. Im Laufe der Zeit wurden diese Methoden weiter entwickelt und mündeten 2016 in einen Leitfaden mit den biometrischen Grundsätzen für die Planung und Auswertung sog. „On Farm Experimente“. Herausgeber ist die Internationale Biometrische Gesellschaft, Deutsche Region. Agricon war an diesem Leitfaden maßgeblich beteiligt.
Grundsätze und Regeln für OFR Versuche im Precision Farming
Für eine verlässliche Aussage müssen diese Versuche
- mehrjährig angelegt,
- möglichst repräsentativ auf verschiedenen Standorten ausgeführt und
- mit der realen Produktionstechnik eines praktischen Betriebes durchgeführt werden.
Es gelten folgende sechs Grundregeln:
- Mindestens dreifache Wiederholung der Prüfglieder
- Zufällige Verteilung der Parzellen (Randomisierung)
- Digitale räumliche Erfassung der Versuchsanlage, der Applikation des Betriebsmittels, des Ertrages und aller Störfaktoren
- Die Geostatistische Auswertung muss die räumliche Abhängigkeit der untersuchten Parameter/Messwerte beinhalten (Semivarioprogramm-Modell)
- Aufstellen eines Regressionsmodells und dessen Prüfung
- Ergebnisdarstellung mit statistischen Maßzahlen wie Standardfehler und Signifikanz (p- Werte)
Hält man sich an diese Grundsätze und Regeln kann hinterher statistisch sicher beurteilt werden, was diese Verfahren bringen. Nun stellt sich die Frage, sind für die gegenwärtig am Markt angebotenen Lösungen solche Untersuchungen erfolgt? Wurde der Beweis im Versuch erbracht?
In den letzten zwei Jahrzehnten haben wir zusammen mit den beteiligten Betriebsleitern und Geschäftspartnern aus der Industrie, Beratung und Lehre eine sehr große Anzahl von OFR Versuchsserien angelegt, durchgeführt und ausgewertet. Diese sind:
- Über 250 Versuche zur sensorgestützten N-Düngung, 2000 – 2014
- 36 Versuche zur sensorgestützten Ausbringung von Wachstumsreglern, 2007 - 2014
- 79 Versuche zur sensorgestützten Ausbringung von Fungiziden, 2014 - 2017
Alle Versuchsserien wurden mit dem YARA N-Sensor® und den entsprechenden agronomischen Regelmodulen ausgeführt.
100 € Vorteilswirkung mit dem YARA N-Sensor®
Für das Verfahren der sensorgestützten N-Düngung mit dem YARA N-Sensor® wurden folgende Ergebnisse erarbeitet:
- 3-6% Ertragssteigerung
- 6-10% N-Einsparung
- 0,5% höhere Rohproteinwerte
- 12-20 % höhere Druschleistung
- Ausschluss stickstoffbedingten Lagers
Nun ist der Leser vielleicht geneigt zu sagen, "das glaube ich nicht! Hier will jemand nur sein Produkt verkaufen." Ja, es ist richtig, dass wir unser Produkt verkaufen wollen. Aber genau das wollen alle anderen Anbieter digitaler Lösungen auch. Der Unterschied ist nur, dass Agricon das einzige Unternehmen ist, das wirklich Versuche zwischen 2001 und 2014 durchgeführt hat, um die Vorteile seiner Verfahren auch zu beweisen. Zudem haben wir keine Kosten und Mühen gescheut, denn ein einzelner Versuch kostet zwischen 5.000€ und 10.000€.
Für alle anderen am Markt diskutierten Verfahren wie z.B. die Verwendung anderer Pflanzensensoren, Drohnen und Satellitenbilder gibt es bis heute keine vergleichbaren und veröffentlichten systematischen Untersuchungsergebnisse. Vielmehr wird von YARA N-Sensor® Ergebnissen unzulässig auf andere Technologien geschlussfolgert. Aufgrund des unterschiedlichen Messverfahrens, der Messwerte und der verwendeten Algorithmen ist dies allerdings ausgeschlossen.
Bleibt dann noch die Möglichkeit, sich Untersuchungsergebnisse von sogenannten unabhängigen Stellen anzusehen. Leider gibt es diese kaum. Wenn doch, dann sind diese Ergebnisse wertlos. Ein leider berühmtes Beispiel, weil es sehr oft publiziert wurde, sind die Versuche von Gut Helmsdorf der Landwirtschaftskammer Schleswig Holsteins. Wir veröffentlichen dazu unsere Stellungnahmeerneut auf unserem Blog. Mir persönlich stößt es bitter auf, dass unsere deutschen Hochschulen und Universitäten derzeit mit qualitativ hochwertigen Praxisversuchen und Langzeituntersuchungen nahezu vollständig abwesend sind.
Der Leser dieses Beitrages muss sich jetzt selbst überlegen, ob er Marketingaussagen folgen, den sogenannten unabhängigen Stellen vertrauen oder auf harten Fakten aus Praxisversuchen seine Entscheidung begründen möchte.
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