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Ausweichen auf rein organische Düngung
Düngestrategie 2022 | Teil 2
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Mit unserer Videoserie zur aktuellen Lage auf dem Düngermarkt stellt Bodo Hanns, Produktmanager N-Düngung, mögliche Strategien der N-Düngung für das kommende Jahr vor.
Im ersten Teil dieser Serie haben wir herausgearbeitet, dass Sie keinesfalls auf N-Düngung in der Saison 2022 verzichten sollten. Im zweiten Teil setzen wir uns damit auseinander, ob eine ausreichende N-Versorgung der Pflanzen auch über reinweg organische Düngung gewährleistet werden kann. Dazu betrachten wir zunächst die Rahmenbedingungen, die hierfür gelten:
Erster wichtiger Punkt ist die gesetzliche Grundlage, die über die Düngeverordnung definiert ist. Es gibt verschiedene Faktoren, die dabei wichtig sind. Ein wesentlicher Punkt ist die Begrenzung der Gesamt-Stickstoff-Menge aus Organik, die derzeit bei 170 kg/ha und Jahr liegt. Dieser Wert ist zwar im Schnitt der landwirtschaftlich genutzten Fläche eines Betriebes angesetzt, nichts desto trotz stoßen wir bei diesem Wert an eine Kante, über die wir dann in der Regel nicht hinaus dürfen. Weiterhin gibt es Vorschriften zur Ausbringung und Einarbeitung von Organik. Generell gibt es Sperrfristen zur Ausbringung der N-Düngung. Ggf. kommen noch weitere Limitierungen hinzu, wenn wir in den Roten Gebieten wirtschaften.
Der zweite Teil ist eher pflanzenbaulich zu sehen und beschäftigt sich im Wesentlichen mit der Wirkung von organischem Dünger. Ein wichtiger Punkt dabei ist, dass der Zeitpunkt, wann der Stickstoff aus der Organik überhaupt pflanzenverfügbar wird, nicht richtig vorhersehbar ist. Es gibt verschiedene Faktoren, die das beeinflussen. Weiterhin haben wir sehr heterogene Nährstoffgehalte von Güllelager zu Güllelager und Fass zu Fass, wenn die Organik nicht ausreichend homogenisiert wurde. Dazu gibt es zwar mittlerweile Technik, die die Homogenisierung ermitteln kann, diese ist bei den Betrieben aber bisher nur sehr wenig vorhanden. Weiterhin wichtig sind die verhältnismäßig hohen gasförmigen Verluste von organischem Dünger. In Hinblick auf N-Effizienz und, dass wir wirklich jedes Kilogramm Stickstoff ausnutzen sollten, ist dieser Punkt kritisch zu sehen.
Besonderes Augenmerk müssen wir auf den Wirkungsgrad legen. Dieser Wirkungsgrad wird mit dem sogenannten Mineraldüngeräquivalent (kurz MDÄ) wiedergegeben. Dieser drückt die Wirkung von organischem Dünger im Vergleich zum mineralischen Dünger aus. Allgemein gilt, je höher der Ammonium-Anteil und je enger das C/N-Verhältnis, desto mehr Stickstoff ist im Ausbringjahr auch tatsächlich pflanzenverfügbar. Dies wird in Grafik 1 deutlich. Gezeigt werden verschiedene organische Dünger mit teils großen Unterschieden im Ammoniumanteil und damit auch im MDÄ. Betrachten wir als Beispiel die Rindergülle, die recht weit verbreitet ist, mit einem Ammoniumanteil von von 40 bis 60% und einem relativ niedrigen MDÄ von 35 bis 45. Die Düngeverordnung schreibt 60% Wirkungsgrad vor, wenn wir dies mit anrechnen, haben wir schon hier einen großen Unterschied zwischen dem, was der Gesetzgeber vorgibt und dem, was dann tatsächlich auf dem Feld umgesetzt werden kann. Ein weiteres Beispiel ist der Flüssigmist vom Huhn mit einem sehr hohen Ammoniumanteil von 70 bis 80% und einem entsprechenden MDÄ von 70 bis 85. Nun kommt noch hinzu, dass dieses MDÄ im Einzeljahr weiteren Einflussfaktoren unterliegt:
- Standortbedingungen
- Bodenqualität
- Witterung
- Zeitpunkt der Ausbringung
Damit kommen wir zu der Frage, wie verschiedene Fruchtarten auf eine reine Organik reagieren. Dazu müssen wir wiederrum auf die Wachstumsphasen der unterschiedlichen Kulturen schauen. In Grafik 2 sind die Winterkulturen Weizen und Raps und die Sommerkulturen Zuckerrübe und Mais abgebildet. Die grüne Linie zeigt schematisch die Stickstoffbereitstellung aus dem Boden. Im Raps und im Weizen sehen wir, dass die Wachstumsphasen hauptsächlich im Herbst und im Frühjahr liegen, und damit in einem Zeitraum, in dem die Mineralisierung im Boden von Stickstoff und organischem Stickstoff vom Dünger nur sehr verhalten funktioniert. D.h. hier ist das Problem, dass nicht allzu viel Stickstoff aus dem Boden bzw. der Organik zur Wirkung kommt. Bei Kulturen, wie Mais oder Zuckerrübe, können wir im Wachstum hingegen sehen, dass die Hauptwachstumsphase in einem Zeitraum verläuft, in dem die Mineralisation sehr, sehr stark auftritt. Diese Pflanzen können sich also sehr gut aus dem Boden versorgen und sind damit nicht so sehr auf die Stickstoffdüngung angewiesen. Es ist zu vermuten, dass speziell die Winterkulturen nicht allein durch Organik versorgt werden können.
Winterraps und Winterweizen reagieren sehr stark auf Stickstoff mit Ertragszuwächsen, wie in Grafik 3 dargestellt. Das Diagramm zeigt das Verhältnis von N-Aufwand und relativem Ertragsanstieg. Betrachten wir die Kurven, sehen wir, dass man im Raps und im Weizen mit 50 bzw. 100 kg/ha Stickstoff einen deutlich höheren Ertraganstieg haben. Im Gegensatz dazu wirkt sich bei Mais und Zuckerrübe die Menge an Stickstoff nur gering auf den Ertragsanstieg aus. Das begründet sich darin, dass den Pflanzen viel Stickstoff aus dem Boden bzw. organischem Dünger bereitsteht.
Grafik 4 zeigt eine Beispielrechnung organischer Düngung im Winterweizen. Abgebildet sind zwei Szenarien. Zunächst einmal wird der Rahmen abgesteckt, der über die Düngeverordnung (DVO) vorgegeben ist. Das ergibt einen Ertrag von 80 dt/ha. Der N-Bedarfswert liegt bei 230 kg/ha. Klar geregelt ist, welche Abzüge gemacht werden müssen, nämlich in diesem Fall Nmin und Vorfrucht. Dies setzen wir mit 60 kg/ha an. Der Düngebedarfswert nach DVO beträgt in diesem Fall 170 kg N/ha.
In Szenario 1 werden 20 m3 Rindergülle auf einem Schlag ausgebracht. Das entspricht ca. 90 kg/ha Stickstoff. Nach Mindestwirksamkeitsberechnung, die bei 60% liegt, erhalten wir 54 kg/ha pflanzenverfügbaren Stickstoff. Nach tatsächlich verfügbaren Stickstoff gemäß MDÄ liegen wir aber nur bei 41 kg/ha. Szenario 2 zeigt die Zahlen für die Ausbringung von 37 m3 Rindergülle. Mit einer Menge von 167 kg/ha organischem Stickstoff, den man auf das Feld ausbringt, liegen wir damit beim Maximum an Ausbringmenge von organischem Dünger laut DVO. Nach Mindestwirksamkeit sind damit 100 kg/ha Stickstoff theoretisch pflanzenverfügbar. Nach MDÄ sind tatsächlich aber nur 75 kg/ha verfügbar. Aus den Zahlen wird bereits jetzt erkennbar, dass 80 dt/ha Ertrag mit 75 bzw 41 kg/ha Stickstoff aus Organik nicht funktionieren kann. Hier spricht alles dafür, dass zusätzlich mineralisch gedüngt werden muss. Bei 37 m3 Rindergülle haben wir nur 70 kg/ha Stickstoff zur Verfügung. Dies entspricht der Menge, die in der Regel als Startmenge in der ersten Gabe ausgebracht wird. Eine Bestandesführung mit Stickstoff unter den Bedingungen aus Szenario 2 nicht möglich. Mit weniger Organik wie in Szenario 1 erhöht sich die mineralische Düngungsmenge auf 116 kg/ha Stickstoff, mit denen gearbeitet werden kann. In diesem Fall kann man eine Bestandesführung gewährleisten.
Stärker als Getreide ist der Raps im Frühjahr sehr schnell auf Stickstoff angewiesen, wenn man gute Erträge erzielen will. Da Organik, die im Frühjahr ausgebracht wird, diese Bedingung nicht erfüllt, scheidet rein organische N-Düngung für Winterraps allein schon deshalb aus. Hier muss auf jeden Fall mit mineralischer Düngung gearbeitet werden. Auch andere Punkte, wie Befahrbarkeit oder das generelle Fahrverbot bei Frost müssen berücksichtigt werden. Verzögert sich die Düngung zeitlich dadurch noch weiter, kommt der Stickstoff aus reiner organischer Düngung zu spät bei der Pflanze an. Worauf der Raps in der Regel gut und mit Sicherheit reagiert, ist Organik im Herbst. Die Menge ist dabei begrenzt und die Rechnung damit eine andere als beim Winterweizen, wie Grafik 5 zeigt. Ein Ertrag von 40 dt/ha bringt einen N-Bedarfswert nach DVO von 200 kg/ha mit sich. Die Herbstdüngung mit Organik muss mit dem Ammonium-Anteil angerechnet werden. In unserem Beispiel beträgt das 30 kg/ha. Zusätzlich wird Nmin in Höhe von 30 kg/ha abgezogen. Es ergibt sich ein Düngebedarfswert in Höhe von 140 kg N/ha. Die 30 kg/ha Herbstdüngung wird gewährleistet, wenn ca. 13 m3 Rindergülle im Herbst ausgebracht werden. So wird der Bestand bereits im Herbst gefördert. Zusammenfassend heißt das, dass auch im Raps nicht ausschließlich über Organik gedüngt werden kann. Das funktioniert pflanzenbaulich nicht! Also auch hier wäre eine Mischform aus organischer und mineralischer Düngung eine bessere Alternative.
Zusammenfassung
Alleinige Stickstoff-Düngung über Organik ist für hohe Erträge und somit ökonomischen Gesichtspunkten keine Alternative. Organik stellt mit ihren unbestrittenen positiven Effekten aber eine wichtige Komponente in der Pflanzenernährung dar. Wer auf diese Düngerform zugreifen kann, sollte das auch auf jeden Fall tun, aber wohlüberlegt. Dass heißt in welcher Fruchtart bzw. in welchen Mengen bringe ich die Organik aus. Unsere Empfehlung ist: Nutzen Sie Organik vor allem in den Sommerkulturen, die sich mit diesem Stickstoff sehr gut ernähren können. In Winterkulturen sollten Sie die Organik nur in begrenzten Mengen ausbringen, um genügend Spielraum für die mineralische N-Düngung zu haben. Das Ziel muss sein, auch unter den aktuellen Gegebenheiten eine optimale Stickstoffversorgung der Pflanze sicherzustellen.
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