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Düngen oder nicht düngen?
Düngestrategie 2022 | Teil 1
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Mit unserer Videoserie zur aktuellen Lage auf dem Düngermarkt stellt Bodo Hanns, Produktmanager N-Düngung der Agricon GmbH, mögliche Strategien der N-Düngung für das kommende Jahr vor.
Aktuell gibt es große Diskussionen und Sorgen um den Stickstoffpreis, denn dieser ist in den letzten Wochen rasant gestiegen, wie in der Grafik 1 zu erkennen ist. Hinzu kommt, dass die Produzenten aufgrund der derzeit sehr hohen Energiepreise ihre Produktion stark drosseln mussten. Selbst wenn diese wieder hochgefahren wird, ist vermutlich der Produktionsausfall kurzfristig nicht mehr aufzuholen. Bedeutet, dass der Stickstoff für die zweiten und dritten Gaben der kommenden Saison knapp werden könnte. Die Frage ist nun, wie Landwirte auf diese Situation reagieren sollten.
Dafür gibt es verschiedene Strategien, die denkbar sind:
- Umstieg auf ökologische Landwirtschaft
- Düngen oder nicht düngen?
- Ausweichen auf reine organische N-Düngung
- Optimierung der N-Düngung und N-Effizienzsteigerung
Der Umstieg auf die ökologische Landwirtschaft nimmt dabei eine Sonderrolle ein, denn diese Strategie muss langfristig geplant werden. Da sich Vermarktungswege ändern, das Produktionsverfahren angepasst werden muss, amtliche Auflagen sich von konventionellen Landwirtschaftsbetrieben unterscheiden und eigenes Wissen aufgebaut und erweitert werden muss. Diese Option kann also keine kurzfristige Lösung sein.
Wir konzentrieren uns auf die drei anderen Möglichkeiten. Strategie 2 stellt die Frage, ob überhaupt gedüngt werden muss oder ob nicht eine Saison ausgesetzt werden kann, um die Preise damit zu umgehen. Diese Frage wird in diesem Blogartikel beantwortet.
Zunächst wird erläutert, wie sich Ertrag zusammensetzt. Dabei werden die Quellen des Ertrages berücksichtigt. Die erste Quelle für Ertrag ist der Grundertrag. Die Höhe dessen setzt sich unter anderem aus den folgenden Faktoren zusammen:
- Bodenart
- Wetter
- Bodenstruktur
- Humusgehalt
- pH-Wert
- P+K Gehalten
- Fruchtfolge/Vorfrucht
- Wurzelausbildung
- ...
All das sind wichtige Faktoren, die bei der Grundertragbildung eine Rolle spielen. Zusammengefasst entsprechen diese Faktoren den natürlichen Standortbedingungen. Die Grunderträge können von Land zu Land, von Region zu Region, von Betrieb zu Betrieb, und auch von Teilfläche zu Teilfläche sehr stark schwanken. Die zweite Quelle ist die Ertragssteigerung durch N-Düngung. Diese wird in Grafik 2 abgebildet und zeigt, dass wir mit der Stickkstoff-Düngung einen großen Einfluss auf den Ertrag haben. Gleichzeitig sehen wir, dass wir auf dieser Produktionsfunktion einen Maximal- und Optimalertrag haben. Je mehr wir uns diesem optimalen Ertrag nähern, desto geringer fällt die Ertragssteigerung je Einheit Stickstoff, den wir düngen, aus.
Wichtig für die weitere Betrachtung für Kosten und Erlösen ist, das Verhältnis zwischen Grund- und Optimalertrag zu kennen. Dazu zeigt Grafik 3 die Ergebnisse von Ertragsversuchen in Sachsen auf einem Lößstandort von 1994 bis 2013. Abgebildet ist der Grundertrag im Durchschnitt über die Jahre. Dieser liegt bei 64 dt/ha. Der Grundertrag zeigt, dass es sich hierbei um einen sehr guten Standort handelt, bei dem viel Ertrag bereits ohne N-Düngung erreicht werden kann. Der optimale Ertrag lag im Mittel der Jahre bei 93 dt/ha, d. h. die 29 dt Ertragszuwachs wurden durch Düngung erreicht. Dazu waren im Schnitt 160 bis 170 kg Stickstoff notwendig. Das Verhältnis von diesen beiden Ertragsquellen setzt sich zusammen aus zwei Drittel Grundertrag und einem Drittel Stickstoff-Düngung. Im Einzeljahr schwankt der Grundertrag auch auf diesem sehr guten Standort zwischen 50 und 90 Prozent. Generell ist auf diesen guten Standorten mehr Grundertrag zu erreichen, als auf schwächeren Standorten.
Um im nächsten Schritt die Kosten und Erlöse bewerten zu können, betrachten wir noch einmal das aktuelle Marktgeschehen. Grafik 4 zeigt die Entwicklung der Erzeugerpreise für Raps und Weizen. Diese sind im Laufe des letzten Jahres massiv angestiegen. Abgebildet sind die Kontrakte für die kommende Saison. Würden wir unseren Weizen heute für die Ernte 2022 verkaufen, landen wir bei einem Preis von 27,50 €/dt. Beim Raps liegt der Preis sogar bei fast 60 €/dt. Diese beiden Zahlen sind wichtig für die ökonomische Betrachtung.
Ökonomische Betrachtung
Nun kommen wir zur ökonomischen Betrachtung. Diese haben wir angestellt auf Grundlage der Prozesskosten im Ackerbau für das Land Sachsen-Anhalt. In Grafik 5 sind die Kennzahlen 2020 für Winterweizen abgetragen. Der Ertrag lag im Jahr 2020 im Durchschnitt bei 67 dt/ha. Der Weizen wurde im Schnitt verkauft für 17 €/dt, womit wir eine Marktleistung von 1173 €/ha erhalten. Als nächstes werden die Kosten, in diesem Beispiel explizit für die N-Düngung, abgezogen. Im Schnitt wurden 130 kg/ha Stickstoff gedüngt. Das Kilogramm Stickstoff hat 70 Cent gekostet. Entsprechend kommen wir auf Direktkosten in Höhe von 314 €/ha. Des weiteren kommen die Kosten für Stickstoffdüngung an sich hinzu. Kalkuliert wurden drei Üerfahrten zu je 15 €/ha und sonstigen Kosten in Höhe 348 €/ha. Das ergibt weitere Kosten in Höhe von 393 €/ha.
Marktleistung abzüglich Kosten ergibt die prozesskostenfreie Leistung in Höhe von 466 €/ha. Ein anderer Begriff für die prozesskostenfreie Leistung ist die Grundrente. Diese Zahlen stellen die Vergleichsbasis für weitere Berechnungen dar.
In der zweiten Spalte werden die Kennzahlen angepasst mit den Preisen, die gerade aktuell auf dem Markt vorherrschen. Dabei wird der Preis für Weizen auf 26 €/dt und die Kosten für Stickstoff auf 2,10 €/kg erhöht. Anhand dieser Berechnung können wir erkennen, dass die Marktleistung kräftig ansteigt, sich aber auch die Direktkosten aufgrund der Preiserhöhung steigert. Die Direktkosten steigen aber im Vergleich zur Marktleistung weniger extrem an, womit wir auf eine prozesskostenfreie Leistung kommen in Höhe von 866 €/ha.
Spalte 3 und 4 zeigt die Berechnung für gute und mittlere Standortbedingungen ohne N-Düngung. Nun finden die Ansätze aus der vorherigen Betrachtung Anwendung. Die Erträge werden anhand ihrer Standortqualität entsprechende Erträge zugedacht. Daraus resultieren niedrigere Erträge im Vergleich zu den Kennzahlen 2020. Die Marktleistung sinkt und ist nun niedriger im Vergleich zu 2020. Auf der anderen Seite stehen niedrigere Kosten, denn Stickstoff wird in dieser Berechnung nicht eingekauft und es wird kein Dünger gestreut. Insgesamt sehen wir auf der untersten Zeile sehr deutlich, dass der theoretische Ansatz nicht zu düngen, deutlich schwächere Leistungen mit sich bringt im Vergleich zu den Ergebnissen mit Düngung. Bezogen auf dieses Einzeljahr, welches wir betrachtet haben, können Sie grundsätzlich auf Dünger verzichten, aus ökonomischer Sicht ist es jedoch falsch! Das beste Ergebnis erzielen Sie mit Stickstoffdüngung.
Die gleichen Berechnungen können ebenfalls für Raps angestellt werden. Grafik 6 zeigt die zugehörigen Zahlen. Auch hier zeigt sich das vorherige Ergebnis - die Variante mit N-Düngung weist ein wesentlich höheres Ergebnis auf, als die Varianten ohne Stickstoffdüngung. Würden wir an dieser Stelle höhere Erträge ansetzen, spreizt sich der Unterschied zwischen Marktleistung und Kosten weiter auseinander.
Zusammenfassung
Nicht düngen oder nur sehr wenig düngen ist die ökonomisch schlechtere Variante. Schöpfen Sie alle Stickstoff-Quellen aus, die Sie haben, nutzen Sie Organik, kaufen Sie Stickstoff auch zu den sehr hohen Preisen und düngen Sie. Wenn Sie das tun, steht einer sehr guten Saison 2022 nichts im Wege.
Düngen war noch nie so rentabel wie in der kommenden Saison!
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