Wir haben ein junges Entscheiderteam | 06.09.2017

Mithilfe der Produkte und Dienstleistungen der Firma Agricon können Landwirte die Erträge auf den Feldern steigern, müssen weniger Dünge- und Pflanzenschutzmittel einsetzen und ihnen wird die Betriebsführung erleichtert. Agricon stellt Sensoren her, mit deren Hilfe die Bodenbearbeitung punktgenau erfolgen kann. Außerdem werden Bodenproben analysiert. Bei dem digitalen Pflanzenbau handelt es sich um eine Vision, die Peer Leithold schon vor mehr als 20 Jahren hatte. Jetzt führt er ein mittelständisches Familienunternehmen mit 65 Mitarbeitern. Hinzu kommen 30 Angestellte bei Geschäftspartnern in Osteuropa.

Herr Leithold, wie sind Sie auf die Idee gekommen, ein Unternehmen zu gründen, dass sich mit dem digitalen Pflanzenbau beschäftigt? 

Ich habe Agrarwissenschaften studiert. Mein Ziel war es, einmal eine große Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft (LPG) zu leiten. Deshalb absolvierte ich in der VEG Pflanzenproduktion Ostrau ein Leitungspraktikum. Ich wollte damals verstehen, warum soundso viel Dünger auf eine bestimmte Fläche eingebracht wird. Mein Mentor Hans Junghans hat mich dann immer auf die Erfahrungswerte verwiesen, mathematische Grundlagen gab es nicht. Muss ich wirklich erst 50 werden, um diese Erfahrungen gesammelt zu haben, oder gibt es eine andere Möglichkeit, dachte ich mir damals. Ich wollte die Entscheidungen objektivieren, sie sollten nicht mehr nur auf Erfahrungen basieren.

In den Jahren von 1992 und 1997 war ich in der Pflanzenbauberatung tätig und hatte auch mit Bodenanalysen zu tun. Außerdem war das die Zeit, in der das Globale Positionsbestimmungssystem (GPS) in der Landwirtschaft zum Einsatz kam. Ich erkannte, dass das eine Zukunftstechnologie ist. Damit lassen sich hochpräzise Informationen sammeln, mit Wissen ergänzen und für die Bewirtschaftung der Böden einzusetzen. Mit fünf weiteren Leuten, die der Meinung waren, dass eine effiziente Landwirtschaft nur mithilfe der Digitalisierung möglich ist, gründete ich die Firma hier an meinem Wohnsitz in Jahna. Das war nicht so einfach. Wir mussten unsere Jobs kündigen. Für mich bedeutete das, das ich nur noch ein Sechstel meines Einkommen hatte. Damals waren wir noch jung und mutig. Wir haben einen kleinen Kredit genommen und uns die notwendige Technik gekauft.

Ihre Angebote und Produkte waren und sind neu und einzigartig auf dem Markt. Wie ist es Ihnen gelungen, die Landwirte, die durchaus berechtigt auf ihre Erfahrungen zurückgriffen haben, von Ihren Angeboten zu überzeugen?

Das hat viel Überzeugungskraft, Fleiß und Zeit gekostet. Es war eine große Herausforderung, die Landwirte, die jahrhundertelang von Generation zu Generation die Erfahrungen und Technologie weitergegeben haben, zu überzeugen, dass unsere Produkte und Dienstleistungen die Zukunft sind. Wir haben bei Versuchen auf den Feldern der Betriebe gezeigt, wie gut wir sind, dass sich der Einsatz unserer Produkte und Dienstleistungen lohnt. Wir haben sozusagen erlebbar gezeigt, welchen Nutzen die Landwirte haben, wenn sie in unsere Produkte investieren und für unsere Dienstleistung Geld ausgeben. In den letzten 20 Jahren haben wir über 300 Großversuche durchgeführt. Am Anfang waren es vor allem technikbegeisterte Landwirte, die die Möglichkeit des digitalen Pflanzenbaus faszinierte. Später kamen die Betriebe dazu, die langfristig ihre Produktion optimieren wollen. Heute spielt auch der Umweltschutz eine große Rolle. Ein ganz neuer Trend ist es, den ganzen Betrieb auf einem Bildschirm zu managen, also die operative Betriebsführung digital abzubilden.

Als Sie vor 20 Jahren das Unternehmen mit geründet haben, hatten Sie viele Visionen, Kenntnisse in der Agrarproduktion, Mut, etwas Neues aufzubauen, aber keine Erfahrungen als Geschäftsführer. Wie sieht Ihre Entwicklung als Unternehmer aus?

Ich habe das Unternehmen selbst aufgebaut und gelernt, wie es funktioniert. Ich weiß, wie man Leute motiviert und kann mich auf meinen gesunden Menschenverstand verlassen. Wichtig war und ist für mich der Austausch mit anderen Unternehmern. Auch einige Schulungen gehörten dazu. Ausschlaggebend für die gesamte Entwicklung war, dass ich entscheidungsfreudig bin. Natürlich habe ich auch Fehler gemacht. Das ist notwendig, um zu lernen. Doch dann macht man diesen Fehler nicht noch einmal. Das betrifft auch die Umwege, die zum Ziel führten. „Dabei habe ich viel gelernt und das Ziel war anschließend klarer. Aus meiner heutigen Sicht und nach 20 Jahren in der Branche würde ich nichts anders machen. Im Bereich des digitalen Pflanzenbaus gibt es niemanden, bei dem wir uns etwas abschauen können. Das Unternehmen und die Produkte sind nahezu unvergleichbar. Wir brauchen Mut zur Lücke und Experimentierfreude. All das geht aber nur mit einer Teamleistung. Ohne all die Mitarbeiter und Geschäftsfreunde wäre diese Entwicklung nicht möglich.

Agricon ist ein mittelständisches Familienunternehmen. Wie sieht die Zukunft aus? Welche Pläne gibt es?

Während wir vor 20 Jahren ums Überleben der Firma gekämpft haben, planen wir jetzt in Generationen. Wir haben uns in den letzten Jahren sehr stark verjüngt. Die Mehrzahl der Entscheider ist zwischen 27 und 37 Jahren alt. Es macht einfach Spaß, mit jungen Leuten zusammenzuarbeiten. Zurzeit liegt unser Schwerpunkt der Arbeit in Deutschland. Vor sieben Jahren haben wir mit der Internationalisierung begonnen und uns vor allem in Osteuropa aufgestellt. Darauf wollen wir uns nicht ausruhen. Die Produkte müssen weiterentwickelt werden, um auf den internationalen Märkten Stand zu halten. Das heißt, dass zum Beispiel die Software auch in verschiedenen Sprachen geschrieben wird. Ziel ist es, in fünf bis sieben Jahren Vertriebsorganisationen in Skandinavien und Westeuropa aufzubauen.

Sie selbst sagen, Jahna, der Ort der Firmenzentrale, liegt am Ende von Sachsen und Deutschland. Wie ist es Ihnen dennoch gelungen, junge und gut ausgebildete Mitarbeiter zu gewinnen?

Es ist schwierig. Wir konkurrieren mit großen Unternehmen in den Zentren. Deshalb müssen wir als Arbeitgeber attraktiv sein. Dazu gehört, dass wir an coolen Technologien arbeiten, ein Team mit einer gemeinsamen Leidenschaft sind und konkurrenzfähige Löhne zahlen. Das war uns vor zehn Jahren noch nicht immer möglich.

Welche Faktoren behindern Sie am meisten bei Ihrer Arbeit?

Seit sieben Jahren kämpfen wir auf verschiedenen Wegen um das schnelle Internet. Das ist für unsere Arbeit ganz wichtig. Die Fortschritte bisher sind sehr bescheiden. Wir können nur hoffen, dass sich jetzt mit der Breitbandinitiative eine Lösung auftut. Hinderlich und auch etwas beschämend ist auch unsere Verkehrsanbindung. Die sollte vor Jahren geändert werden. Doch das fand keine Zustimmung.

Es fragte: Sylvia Jentzsch

Originalbeitrag auf sz-online.de

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