Grund- und Stickstoffdüngung werden auf professionellen Betrieben bereits seit rund zwanzig Jahren teilflächengenau durchgeführt. Die spezifische Findung des Optimums und die variable Verteilung der notwendigen Düngermenge in Echtzeit gehören für sie mittlerweile zur guten fachlichen Praxis. Auch die variable Applikation von Wachstumsreglern ist für moderne Landwirte seit gut zehn Jahren nicht mehr wegzudenken. Die Anwendung des Systems wurde von diesen Praktikern schnell auch auf den Bereich der Fungizide ausgeweitet. Sie waren einstimmig der Meinung: Fungizide gehören genauso variabel dosiert und an den Bestand angepasst wie Düngemittel und Wachstumsregler! Davon ausgehend entwickelte Agricon gemeinsam mit Partnern ein agronomisches Modul zur variablen Dosierung von Fungiziden. Um dieses Modul zu evaluieren, wurde eine dreijährige Versuchsserie angelegt, deren Ergebnisse nun vorliegen.
 
Pflanzenbestände entwickeln sich nie gleichmäßig

Die Wachstumsbedingungen für Pflanzen unterscheiden sich von Teilfläche zu Teilfläche. Überregionale Auswertungen von mehr als 600.000 ha zeigen, dass 90 % der Schläge größere Unterschiede in der N-Aufnahme als +/- 25 % haben. Das bedeutet, dass einige Teilflächen bereits mehr als das Doppelte an Stickstoff aufgenommen haben als andere. Noch stärker variiert die Frischmasse. Stark entwickelte Teilflächen haben das bis zu Sechs- fache an Frischmasse erzeugt im Vergleich zu schwachen Beständen auf dem gleichen Schlag. Durch Biomasseschnitte lässt sich dies leicht auf den eigenen Feldern abprüfen.

Was passiert bei konstanter Applikation mit den Wirkstoffen?

Verdeutlichen lässt sich dies an einem Beispiel von Winterweizen zum Schossbeginn. In einem mittleren Bestand zu EC 31/32 schwanken die N-Aufnahmen von 20 bis 60 kg N/ha (Abb. 1). Dies entspricht einem Unterschied in der zu schützenden Frischmasse von 0,5 bis 3 kg/ha. Berücksichtigt werden muss auch die Veränderung in der zu benetzenden Blattfläche (Relative Spritzfläche). In dichten Beständen haftet mehr Wirkstoff als in dünnen Beständen. Aufgrund des Saturationseffektes des Blattflächenindex (LAI) ist dieser aber nicht linear zu betrachten. Das bedeutet, die Unterschiede der Spritzmenge bezogen auf die Frischmasse bleiben erhalten.

Was passiert genau, wenn konstant gespritzt wird (Abb. 2)? Die durchschnittliche Dosierung auf den mittleren Bestand soll 1 l /ha (100 %) betragen. Diese Dosierung entspricht der Empfehlung des Herstellers.

Bei einer flächeneinheitlichen Dosierung steigt die Wirkstoffkonzentration in dünnen und schwach entwickelten Beständen auf 400 % an. Statt der rechnerischen 0,05 ml Wirkstoff je kg Frischmasse werden also 0,2 ml Wirkstoff je kg Frischmasse ausgebracht. Auf den gut entwickelten Teilflächen, wo auch tendenziell die Höchsterträge geerntet werden, reduziert sich die Dosierung hingegen auf 67 %. Statt der 0,05 ml Wirkstoff /ha  werden  lediglich  noch 0,033 l Wirkstoff je ha appliziert. Noch kritischer wird diese Problematik, wenn wir diese  generelle  Logik  auf  praxisübliche, also oftmals reduzierte Wirkstoffmengen, übertragen. Geht man von einer typischen Reduktion auf 70 % der Herstellerempfehlung aus, ergibt sich folgendes Bild: In den schwachen  Beständen  werden  nun  noch 280  %  gespritzt.  Es  werden  aber  immer noch  Pflanzenschutzmittel  verschenkt, was unnötigen Kosten entspricht. Auf der anderen Seite sinkt in den dichten Beständen die Dosierung auf 47 %!

Die potentiellen Hochertragszonen bekommen also weniger als die Hälfte der Herstellerempfehlung. Dass neben der schlechten Fungizidwirkung mögliche Höchsterträge schlecht abgesichert sind, ist die eine Seite. Dieser schwache Fungizidschutz hat aber zusätzlich noch ein massiv erhöhtes Resistenzrisiko auf den besten Teilflächen zur Folge.

Mit den Unterschieden im Wirkstoffgehalt  verändert  sich  nicht  nur  die  Stärke des Fungizidschutzes, sondern auch dessen Dauer. Sie hängt innerhalb eines Feldes maßgeblich von der Wirkstoffkonzentration je Frischmasse ab. Der Abbau in der Pflanze erfolgt bei niedrigen Dosierungen (flächeneinheitlich und dichte Bestände) deutlich schneller als bei hohen Dosierungen (flächeneinheitlich und dünne Bestände). Wenn man das konsequent weiter denkt, sind die besten Bestände schneller ohne Fungizidschutz als die Schwächeren. Bei aufeinander aufbauenden Spritzfolgen entwickelt sich daraus eine Negativspirale. Genau hier setzt das Verfahren der bestandsabhängigen Applikation von Fungiziden an und behebt diese Problematik.

Mit bedarfsgerechtem Spritzen dem Teufelskreis entkommen

An den Bestand angepasst zu dosieren, bedeutet, die Herausforderungen anzunehmen und die Bestände nach ihrem Bedarf zu behandeln. Ziel muss eine gleichmäßige Wirkstoffkonzentration je kg Frischmasse auf jeder Teilfläche sein. Damit werden eine gleichmäßige Schutzleistung sowie eine langzeitige Dauerwirkung auf jeder Teilfläche des Schlages sichergestellt. Die technische Umsetzung einer teilflächengenauen Fungizid-Applikation kann bisher nur mit einem Yara N-Sensor® oder einem P3-Sensor ALS sowie dem agronomischen Modul für Fungizide erfolgen. Darin enthalten sind alle pflanzenbaulich relevanten Informationen und Algorithmen. Das System hält zum einen die gesetzlich zulässigen Maximalmengen ein, zum anderen aber auch Mindestdosierungen zur Resistenzvermeidung.

Agronomische Regelalgorithmen

Die gemessene absolute N-Aufnahme ist dabei die Basis für die agronomischen Regelfunktionen. Absolute Messwerte und Regelfunktionen verhindern, dass es zu einer Über- oder Untersteuerung der Spritztechnik kommt. Eine Übersteuerung bewirkt eine so hohe Variation, dass durch zu starke Reduzierung der Aufwandmenge auf schwachen Teilflächen keine ausreichende Fungizidwirkung mehr gewährleistet werden kann - die Resistenzgefahr erhöht sich. Bei einer Untersteuerung hingegen wird nicht das volle Potenzial einer Variation genutzt. Nur pflanzenbaulich validierte Regelkurven stellen die optimale Verteilung in der Fläche sicher. Dass dies nicht nur aus pflanzenbaulicher Sicht richtig ist, sondern auch aus einer wirtschaftlichen, wurde in Langzeitversuchen bewiesen.

 

Versuche zum teilflächengenauen Fungizideinsatz

Gemeinsam mit Praktikern und der Bayer Crop Science AG hat Agricon eine drei-jährige Versuchsserie von 2014 bis 2017 in Deutschland, England und Frankreich durchgeführt. Es nahmen insgesamt 21 Betriebe teil. Die 79 Praxisversuche ergaben am Ende eine Versuchsfläche von 3.240 ha. Dabei wurden Winterweizen und Winterraps als flächenmäßig wichtigste Ackerbaukulturen untersucht. Die Versuche wurden nach den strengen OFR-Richtlinien (siehe Kasten) angelegt und ausgewertet. Die Fragestellung der Versuche war eine Quantifizierung der Effekte einer teilflächengenauen Fungizidapplikation auf Praxisflächen. Untersucht wurden die Parameter:

Die teilnehmenden Praxisbetriebe wurden so ausgewählt, dass eine größtmögliche Breite an Anbauregionen sichergestellt werden konnte. Es nahmen sowohl Familienbetriebe, als auch Agrargenossenschaften teil. Die Betriebsgrößen variierten von 150 ha bis über 2.000 ha LN, die Bodenwerte von 40 bis über 90 BP und Niederschlagssummen von 400 bis über 1000 mm. An allen Standorten wurde die betriebsübliche Technik eingesetzt. Sämtliche Betriebe nutzen im Alltag Yara N- Sensoren® oder P3-Sensoren. Alle Versuche wurden mit Ertragskartierung aufgezeichnet.

Je nach Standort wurden eine bis vier Applikationen durchgeführt. Im Getreide wurden sehr frühe Behandlungen (BBCH < 30, T0) und Ährenbehandlungen (BBCH > 49, T3) konstant einheitlich gefahren. Damit standen ein bis zwei Applikationen nach Versuchsgliedern mit variablen Aufwandmengen zur Verfügung. Die Varianten unterschieden sich jeweils in eine Gesundvariante und der sensorgestützten Variante. Die eingesetzten Pflanzenschutzmittel waren stets identisch. Die Dosierung unterschied sich in Abhängigkeit der Sensorwerte sowohl in der Verteilung im Feld, als auch in der mittleren Dosierung. Über das Fungizidmodul wurden zum einen die gesetzlichen Zulassungen, zum anderen die Untergrenzen zur Resistenzvorbeugung eingehalten.

Die Versuche wurden zur sauberen Trennung abgesetzt durchgeführt: Zuerst wurde ein sog. Sensorscan des Feldes durchgeführt, anschließend basierend auf dem Fungizidalgorithmus der Agricon die Applikation berechnet. Im Resultat entstand ein Parzellengenauer Spritzplan, welcher mit der betriebsüblichen Spritztechnik ausgebracht wurde. Jede Applikation wurde mit Vorort-Bonituren begleitet. In zeitlich regelmäßigen Abständen wurden an vorher definierten Punkten Krankheitsauftreten und -intensität bonitiert. Die Stellen wurden zu Beginn so gewählt, dass möglichst unterschiedlichste Bedingungen im Bestand abgedeckt wurden. Basierend auf der Anfangsheterogenität der Bestände wurden Punkte mit hoher, mittlerer und niedriger N-Aufnahme herausgegriffen.

Fakt ist, dass Witterung und Krankheitsauftreten stark zusammenhängen. Daher wurde an jedem Versuchsstandort Temperatur, Niederschlag und Blattfeuchte mit einer professionellen Wetterstation erfasst und die Daten in der Auswertung berücksichtigt. Der empfohlene Spritztermin wurde aus den Wetter- und Bestandsdaten dynamisch für jeden Versuch berechnet. 

Was bringt der teilflächengenaue Fungizideinsatz?

Die Versuche auf einer Gesamtfläche von über 3.240 ha weisen naturbedingt eine Streuung zwischen den Standorten und Jahren auf. Dreiviertel der Versuche waren statistisch signifikant zu einem Signifikanzniveau von 95 %. Die Ergebnisse können wie folgt zusammengefasst werden: Mehrerlöse von im Mittel 33 €/ha Ertragssteigerung im Durchschnitt + 2 % Reduktion des Mitteleinsatzes um durchschnittlich -12 % keine Unterschiede im Krankheitsauftreten zwischen der flächeneinheitlichen und der variablen Variante.

 

Wir konnten nachweisen, dass sich der spezifische Fungizideinsatz in der Teilfläche unter wirtschaftlichen Aspekten lohnt: Im  Vergleich  zur  100  %-Variante  schnitt die variable Variante mit einem Mehrerlös von + 33 €/ha ab (Abb. 3). Es wurden Fungizideinsparungen um bis zu 20 % und Ertragssteigerungen um bis zu 6 % gemessen. Begleitende Bonituren zeigten keine signifikanten Unterschiede im Befallsauftreten oder -stärke zwischen den Varianten.  Auch  wenn  der  Nachweis  einer  Reduzierung des Resistenzrisikos durch bestandsangepasste Dosierung nicht hinreichend untersucht wurde, muss man davon ausgehen, dass mit dieser Form der Applikation ein enorm großer Beitrag geleistet wird. Somit sprechen die Ergebnisse auch aus ökologischer Sicht klar für den Einsatz des Yara N-Sensors® oder von P3-Sensoren im Pflanzenschutz.

Schlussendlich kann auch aus sozialen Aspekten  zu  dieser  Technologie  geraten werden, da sich die Landwirtschaft der Gesellschaft als Lösungsanbieter präsentieren kann, wenn es um die Reduzierung von Umwelteinwirkungen geht.

Wichtige Anmerkung: Die Ergebnisse beziehen sich nur auf die vorgestellten Sensoren und Algorithmen. Alle Daten und Ergebnisse beziehen sich nur auf die verwendeten Technologien. Es lassen sich daher aus den Daten keine Aussagen auf andere Sensorsysteme oder Bildinformationsquellen ableiten.

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