Ist Präzisionslandwirtschaft die Zukunft oder ein teurer Irrweg?

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Anlässlich des 26. Brandenburger Düngetages erläutert Peer Leithold Grundlagen des Precision Farmings und bezieht Stellung auf die Frage, ob Präzisionslandwirtschaft die Zukunft oder doch nur ein teurer Irrweg ist. 

Ertragsentwicklung in Deutschland

In Grafik 1 ist die Entwicklung der Winterweizenerträge in Deutschland seit 1950. Unterhalb der blauen Trendlinie ist der mittlere Ertragsanstieg bzw. -abstieg in der Dekade in dt/ha*Jahr dargestellt. Wir sehen eine lange Phase des Anstiegs beginnend um 1950. Um 2000 lässt sich eine Stagnation erkennen und seit 2010 verlieren wir im Durchschnitt 0,7 d/ha*Jahr. Beachtet werden sollte, dass die Grafik die gesamtdeutsche Ertragsentwicklungen betrachtet. Die Zahlen können von Betrieb zu Betrieb schwanken. Berücksichtigt man die Bedeutung von Weizen, ergeben sich daraus große ökonomische Konsequenzen. Denn gleichzeitig steigen die anfallenden Kosten, wie Löhne, Pachten, Maschinen oder Abschreibungen. 

In Grafik ist die Ertagsentwicklung von Winterraps in Deutschland abgebildet. Auch hier lässt sich eine Stagnation um 2000/10 erkennen. Danach sinken die Erträge. 

Als letzte Kultur betrachten wir den Körnermais. Grafik 3 zeigt einen langen Anstieg über die 50 Jahre. Gegen 2010 sinken auch in dieser Kultur die Erträge.

Gleiches lässt sich in anderen Ländern beobachten. Zusammenfassend heißt das zum einen, dass vor 20 Jahren der Trend begann, dass sich die positive Ertragsentwicklung abschwächt. Zum anderen zeigt sich seit 10 Jahren eine negative Ertragsentwicklung. Logischerweise schließt sich die Frage nach dem Erklärungsmuster an. Als mögliche Ursachen werden genannt:

Ein weiterer Erklärungsansatz benennt die Gründe:

Wo stehen wir im Precision Farming?

Im digitalen Pflanzenbau haben wir drei große Segmente. 

1. Maschinen und Geräte werden zunehmend digitalisiert. Ziel ist es, Feldarbeit zu automatisieren. Es gibt einen langen Trend über viele Jahre hinweg, dass die menschliche Arbeit zunehmend abnimmt. Gleichzeitig werden Prozesse automatisiert und durch Maschinen und Technik abgewickelt. 

2. Im Bereich Management, Verwaltung und Dokumentation halten zunehmend digitale Werkzeuge Einzug. 

3. Das dritte Segment umfasst den Feldbau. Hier soll mit geeigneten Algorithmen Pflanzenwachstum unterstützt werden. Dieser Bereich ist "Precision Farming". 

Die drei Segmente tauschen untereinander Daten aus. 

Hintergründe & Motivation

Was motiviert Betriebsleiter sich mit dem Thema Precision Farming auseinander zu setzen? In den letzten Jahren kristalisierten sich drei große Punkte heraus:

Verbreitung

Als Anwender definiert Peer Leithold Kunden, die mindestens ein Precision Farming-Verfahren einsetzen und das auf der Mehrzahl der Flächen von mindestens einer Kultur. Zudem muss er das Verfahren jedes Jahr einsetzen und kann dies ohne fremde Hilfe realisieren. Geschätzt haben über circa 10.000 Betriebe mit jeweils über 200 Hektar das Potenzial, Precision Farming zu betreiben. 

Grafik 4 zeigt die geschätzte Aufteilung der Anwendungsbereiche im Precision Farming. Der größte Teil mit circa 800 Anwendern liegt in der N-Düngung, 300 in der Grunddüngung und 200 in der Kalkung. Dann nimmt die Anwenderzahl rapide ab. 

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass wir uns im Precision Farming noch in einer frühen Phase befinden. 

Einführung Precision Farming

Bisher werden Felder einheitlich bewirtschaftet. Überall haben wir die gleichen Kosten, aber die Erlöse schwanken. Und genau da setzt Precision Farming an. Precision Farming ist das Lösen einer acker- und pflanzenbaulichen Frage. Dazu ist es notwendig, dass nach agronomischen Regeln des integrierten Pflanzenbaus gearbeitet wird, denn dieser liefert das Handwerkszeug, um diese agronomische Frage zu klären. Die acker- und pflanzenbauliche Frage wird basierend auf Informationen von Boden und Pflanze gelöst. Diese Lösung wird dann auf den Teilflächen ausgebracht. 

Precision Farming am Beispiel optimaler Kalkung

Zu Beginn steht die Frage: "Was ist die optimale Kalkmenge auf jeder Teilfläche?". Daraus ergibt sich die zweite Frage: "Gibt es dazu eine agronomische Regel, eine Wissensbasis, um diese agronomische Frage korrekt zu beantworten?". Korrekt heißt, dass es Versuche gibt, die das Optimum festlegen. Bei der Kalkung gibt es das in Form der Düngeregel. Bei der Kalkung brauchen wir zwei Informationen, um die agronomische Frage zu beantworten. Wir müssend den pH-Wert der Böden und die Bodengruppe kennen. Diese beiden Informationen müssen generiert werden. 

Für alle anderen Verfahren, die heute im Pflanzenbau genutzt werden, wie N-Düngung, Wachstumsregler, Fungizide, Grunddüngung, organische Düngung und Saat, gibt es heute funktionale Zusammenhänge zwischen den Informationen, die wir benötigen, und einem in Feldversuchen geprüftem Algorithmus, der mich zur Antwort meiner agronomischen Frage bringen wird. Zur Beantwortung der agronomischen Frage müssen die Informationen acht Faktoren entsprechen:

  1. Richtig (Kausalität und hohe Korrelation)
  2. Absoluter Maßstab ("Mehr oder weniger von etwas" reicht nicht)
  3. Objektiv und reproduzierbar
  4. Ausreichend im Sinne der Entscheidung
  5. Leichte Handhabung
  6. Hochauflösend
  7. Digital
  8. Preiswert

Dieser Mix aus den acht Qualitätsansprüchen bringt uns dann genau zu einer Auswahl von Werkzeugen, um die Verfahren des Pflanzenbaus durchzuführen. Diese sind:

  • N-Aufnahme (messbar durch N-Sensor)
  • Bodengruppen und Nährstoffe (Bodenproben und Laboranalytik)
  • Bodenunterschiede (EM-38)
  • Relief (GPS)

Anforderungen in Abhängigkeit von Frucht und Jahresverlauf

Eine der fundamentalsten Fehlentwicklungen im Precision Farming der letzten Jahre waren für Peer Leithold die Management-Zonen. Ursprünglich kommt das Ertragsmanagement bzw. die Management-Zonen diese aus den USA. Diese Zonen sind jedoch nicht stabil, denn die einzelnen Teilbereich sind jahresspezifisch, fruchtartenabhängig und verändern sich innerhalb einer Saison. 

Verfahrensansatz

Möchte man die Teilfläche bewirtschaften, müssen über mehrere 10.000 agronomische Entscheidungen ständig getroffen werden. Das hat zur Konsequenz, dass man bereit sein muss, Prozesse teilweise zu automatisieren. Wer dazu nicht bereit ist, kann kein Precision Farming betreiben. Und automatisieren können wir nur die Prozesse, die zuvort standadisiert wurden. Am Ende muss Pflanzenbau automatisiert, standadisiert und regelbasiert stattfinden. 

Das wiederrum bringt uns zum Verfahrensansatz. Wie in allen Automatisierungsprozessen läuft es auch in der Landwirtschaft nach dem sogenannten EVA-Prinzip (Eingabe - Verarbeitung - Ausgabe) ab. Heißt, zuerst muss eine Information generiert werden, diese muss in eine Regel gepackt werden, also einen Algorithmus, dann wird es zur Anwendung auf die Maschine gebracht. Grafik 5 zeigt den Verfahrensablauf. 

Einführung Precision Farming durch Agricon

Wenn ein Betrieb entschieden hat, ein Precision Farming-Verfahren zu nutzen, starten wir im ersten Jahr mit einer Grundlagenschulung. Themen sind pflanzenbauliches Verständnis, Bedienung der Technik und Datenmanagement. Danach geht es in die Vor-Ort-Beratungen. So werden 25 Jahre Wissen zum digitalen Pflanzenbau übermittelt, Fragen beantwortet und Hinweise gegeben. Nach einem Jahr beherrscht der Nutzer das System. Das Ziel ist nicht, dauerhafte Beratungsbeziehungen aufzubauen. Nach dem ersten Jahr bietet Agricon verschiedene Services an mit Lizenzen, ständiger Wissensübermittlungen, Service- und Regionaltechnikern und einer Hotline. 

Grafik 6 zeigt die einzelnen Precision Farming-Verfahren der Agricon. Der Kunde entscheidet mit welchem Verfahren er beginnen möchte. Sie sind alle miteinander kompatibel, weil alle Verfahren mit dem gleichen Datenmanagement arbeiten - das agriPORT. 

Ausblick Precision Farming in 5 Jahren

Die Verfahren sind gut durchentwickelt, dennoch befinden wir uns erst in der Transformation in die landwirtschaftlichen Betriebe. Ganz entscheidend wird die Ausbildung der Betriebsleiter sein. Auf der Verfahrensseite wird es keine Revolution, viel mehr eine Evolution geben. Es wird Detailverbesserungen in den Einzelverfahren geben. Der Schwerpunkt wird in der Automatisierung der Datenverarbeitung liegen. Zudem werden unechte bzw. unreife Verfahren aussortiert.

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