Geschäftsmodell Klimalandwirt …
titelt die Fachpresse. Natürlich gönnen wir jeden Landwirt erweiterte finanzielle Einnahmequellen. Und vielleicht hilft es auch dabei das schlechte Image der Landwirtschaft, meistens medial erzeugt, wieder aufzupolieren. Bei genauerem Hinschauen erkennt man allerdings, dass hier eine Erwartungshaltung geweckt wird, die nicht in der Realität zu verankern ist. Es ist zu erwarten, dass findige Geschäftsleute als Trittbrettfahrer mit dem Zertifikate-Handel ein florierendes Geschäft etablieren wollen.

Meine Empfehlung: Hände weg!

Prof. Körschens nimmt zusammen mit dem Förderverband Humus e.V. dazu aus ackerbaulicher Sicht Stellung. Diese Gruppe von Wissenschaftlern widmete sich nahezu in Ihrem gesamten Lebenswerk der Anlage, Untersuchung und Auswertung von Dauerversuchen des Humus. Siehe auch www.agrarfakten.de
Peer Leithold

 

Kann Humus unser Klima retten?

Prof. Dr. habil. Dr. h. c. Martin Körschens,
Förderverband Humus e. V.
Goethestadt Bad Lauchstädt
e-mail: m.koerschens@t-online.de

Das Klima ändert sich, daran zweifelt niemand und es hat sich in den vergangenen Jahrtausenden mehrfach geändert (vergl.  DAHM  et  al,  2015,u.  a.).  Z.B. war vor weniger als eintausend Jahren Grönland noch ein „Grünes Land“.

Über die Ursachen des Klimawandels gibt es unterschiedliche Auffassungen. Das IPCC geht davon aus, dass eine von Menschen verursachte Erhöhung der
CO2-Konzentration der Atmosphäre der Grund dafür ist. Ausreichende Beweise dafür gibt es offensichtlich nicht. Unabhängig von diesen unterschiedlichen Meinungen wird von Wissenschaftlern, Politikern und Geschäftsleuten der Boden,  d.h. der Humus, als eine Kohlenstoffsenke gesehenund damit die Möglichkeit, das überschüssige CO2 aus der Atmosphäre einfach in den Boden einzulagern.

Zahlreiche Spekulationen und irrige Auffassungen ranken sich um dieses Problem. So behauptete  z.B. die EU (in einer Mitteilung der Kommission der europäischen Gemeinschaften an den Rat, das Europäische Parlament, den Wirtschafts-und Sozialausschuss sowie den Ausschuss der Regionen, 2003),  dass sich „Böden mit einem Gehalt von weniger als 3,6% organischer Substanz im Vorstadium der Wüstenbildung befinden.“ Nach dieser Betrachtung ist Europa schon jetzt eine Wüste. Doch in dieser „Wüste“ haben sich in den vergangenen hundert Jahren die Erträge vervielfacht. Dank der erfolgreichen Arbeit der Landwirte und der Landwirtschaftsforschung werden heute z.T. mehr als 10 t/ha Winterweizen jährlich geerntet, die Bodenfruchtbarkeit hat sich in dieser „Wüste“ signifikant erhöht.

Bioenergie - Grenzen und Möglichkeiten

Die LEOPOLDINA (2012) verkündete in ihrer Studie „Bioenergie - Grenzen und Möglichkeiten“ jährliche Kohlenstoffverluste der Ackerböden in der EU von 3 %, eine Aussage, die schon rein rechnerisch völlig unhaltbar ist und durch die Ergebnisse von zahlreichen Dauerfeldversuchen und vielen weiteren Untersuchungen zweifelsfrei widerlegt werden konnte. Die Hypothesen vom Humus als „Klimaretter“ sind allerdings politisch und wirtschaftlich sehr willkommen, kann man doch Schuldige benennen, daraus politisches Kapital schlagen und einen schwunghaften Handel mit CO2-Zertifikaten betreiben. Nach offiziellen Angaben hat die Deutsche Bank am Emissionshandel Milliarden verdient und „soll am betrügerischen Handel mit Emissionszertifikaten beteiligt gewesen sein.“

In Österreich handelt man die Tonne CO2 mit 30 € und kann damit viel Geld verdienen.

Zunächst ist von folgenden Fakten auszugehen: Eine Erhöhung der Humusgehalte kann nur über eine zusätzlich über die Pflanze der Atmosphäre (Photosynthese) entzogene C-Menge erreicht werden. Alle anderen Maßnahmen, die genannt werden, wie Vermeidung von Brachezeiten, Zwischenfrucht- und Zwischenreihenanbau sowie Grasstreifen, agroforestry, optimale Weidewirtschaft und Verlängerung der Weidezeit, Wiederherstellung von Land  unter schlechtem Zustand usw. haben für diese Zielstellung, wenn überhaupt, nur marginale Bedeutung und sind mehr oder weniger Bestandteil der guten fachlichen Praxis.

 

Erhöhung der Humusgehalte ist begrenzt

Die Möglichkeiten für eine Erhöhung der Humusgehalte sind sehr begrenzt. Die Differenzierung von Humus in Nährhumus und Dauerhumus ist zwar seit jeher bekannt, wird heute jedoch ignoriert und fast ausschließlich der Gesamtgehalt an Humus gewertet, was zwangsläufig zu Irritationen und Fehlinterpretationen führt. Nur der Nährhumus kann in messbaren Zeiträumen beeinflusst  werden. Der Gehalt an Dauerhumus-C liegt (Ackerland) überwiegend zwischen 0,3 und 1,5  %  Corg. Der durch Bewirtschaftungsmaßnahmen im Bearbeitungshorizont beeinflussbare Nährhumus-C beträgt im Mittel 0,3 % und macht vielfach weniger als 0,2 % Corg aus, d. h. etwa 10 t/ha (in 32 von 68 Daufeldversuchen, vorwiegend auf sandigen Böden) und überschreitet selten 0,5 % Corg. (nur in 11 von insgesamt 68 Dauerfeldversuchen).

Überhöhte Humusgehalte verringern die Ausnutzung des Boden-N und erhöhen die Belastung der Atmosphäre mit CO2, N2O und CH4.

90  % der dem Boden zugeführten Organischen Primärsubstanz (OPS), bezogen auf die Ausgangssubstanz pflanzliche Biomasse, werden wieder mineralisiert und in die Atmosphäre zurückgegeben (HAIDER, 1997, KÖRSCHENS, 2017 u. a.), d.h. für eine Erhöhung des Corg–Gehaltes im Boden um nur 0,1  % ist langfristig eine Aufwandmenge von  >100  t/ha Pflanzentrockenmasse notwendig (vergl. www.agrarfakten.de).

Die Initiative der französischen Regierung „4 0/00jährliches Wachstum des C-Vorrates“ ist chancenlos, weil bei einer C-Akkumulation von nur 10  % jährlich utopische Mengen an Pflanzentrockenmasse zusätzlich in den Boden gebracht werden müssten. Geht man von der in der Initiative angegebenen Zahl von 1,2 Mrd. t C aus, so wären dies im Minimum rd. 500 kg  C/ha  jährlich x 10  =  5 t OPS-C = 12,5  t/ha Pflanzentrockenmasse (40  %  C  i.  d. Trockenmasse), d. h. eine vollständige Ernte.

Damit erübrigt sich weitgehend die Diskussion über „carbon sequestration“, Möglichkeiten dazu beschränken sich auf wenige Ausnahmen. Außerdem ist eine Erhöhung weder für die Ertragsbildung noch für die Umwelt von Vorteil.

In den Medien werden, meist von Laien, simple Möglichkeiten der Klimarettung aufgezeigt. So formulieren z. B.  SCHEUB/SCHWARZER (2018) in dem Buch „Die Humusrevolution“: „Ein weltweiter Humusaufbau von nur einem Prozentpunkt könnte 500 Gigatonnen CO2 aus der Atmosphäre holen. Das brächte den heutigen CO2 Gehalt der Luft  auf ein weitgehend ungefährliches Maß“.

Die hier angegebene Menge entspricht in etwa dem Hundertfachen dessen, was die Initiative der französischen Regierung vorschlägt. Derartige Vorstellungen zur Klimarettung, wie sie auch von RAGGAM (2008) in Österreich vertreten und im Fernsehen verbreitet werden, gehören in das Reich der Fantasie, lassen jede Sachkenntnis vermissen und dienen lediglich dazu, Aufmerksamkeit zu erregen. Dass alles  zur Erhaltung und Mehrung der Bodenfruchtbarkeit und damit zur Erhöhung der Erträge getan wird, ist selbstverständlich und wird auch von den Landwirten seit jeher getan. Aber man darf sich nicht der  Illusion hingeben, dass eine nennenswerte Erhöhung des Kohlenstoffgehaltes und damit eine Verringerung der CO2-Konzentration der Atmosphäre erreicht werden kann und damit die Zukunft unseres Planeten in der Hand der Bauern liegt. Landwirt sein ist ein anspruchsvoller und vielseitiger Beruf. Aber kein Landwirt käme auf den Gedanken, einem Arzt zu raten, wie er eine Herzklappenoperation durchführen soll. Keinem Arzt würde einfallen, einem Ingenieur vorzuschlagen, wie er ein Raumschiff zu bauen hat. Nur einige Politiker oder Ungelernte sind so vermessen, einem Landwirt vorschreiben zu wollen, wie er seinen Boden bewirtschaften muss.

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